Medizin studieren ohne Abitur

Ist ein Medizinstudium auch ohne Abitur möglich?
Entgegen den Erwartungen ist Medizinstudium ohne Abitur durchaus möglich. Nach Zahlen der CHE studierten im Jahr 2022 865 Personen ohne Abitur an einer deutschen Hochschule Humanmedizin, weitere 210 in Zahnmedizin. Die, deren Traum das Medizinstudium ist und kein Abitur, dafür aber eine Berufsausbildung im gesundheitlichen Bereich gemacht haben, können sich trotzdem ihren Traum erfüllen. Im Ausland gibt es sogar die Möglichkeit an einigen Universitäten mit Fachhochschulreife ohne Berufsausbildung zu studieren. Die Vorreiter der neuen Regelung zum beruflich-qualifizierten Hochschulzugang sind Nordrhein-Westfallen und Niedersachsen gewesen, aber inzwischen machen die anderen Bundesländer auch mit und haben den allgemeinen Hochschulzugang auch für die ohne Abitur geöffnet, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Voraussetzungen des Medizinstudium ohne Abitur
Damit man ohne Hochschulreife an der Medizinischen Universität angenommen werden kann, muss man mindestens die Mittlere Reife, eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung im medizinischen Bereich (mit der Abschlussnote von mindestens 2,5) und eine dreijährige Berufserfahrung haben.
Ein paar der Ausbildungen die den Voraussetzungen entsprechen sind zum Beispiel:
– Medizinischer Fachangestellter
– Physiotherapie
– Ergotherapie
– Gesundheits- und Altenpfleger
– Rettungsassistent
Falls man eine Ausbildung in einem anderen Bereich abgeschlossen hat, gibt es trotzdem die Chance auf ein Medizinstudium ohne Abitur durch eine Einstufungsprüfung, wo das Wissen auf Abiturbasis getestet wird, oder durch ein Probestudium von einem Jahr zum Medizinstudium zugelassen zu werden. Meistens müssen dann aber die Prüfungen auch in den ersten Semestern, in der regulären Zeit bestanden werden.
Da aber jedes Bundesland eine unterschiedliche Regelung hat, wird empfohlen sich da im Voraus genau zu informieren. Über den Hochschulkompass kann man sich über die Voraussetzungen in jedem Bundesland informieren. Doch es ist nicht immer sehr leicht. Gerade in den Fächern wie Biologie, Chemie und Physik gibt es für solche Studenten dann Lücken die es zu füllen gilt. Dadurch müssen die Studenten ohne Abitur noch mehr lernen um auf dem Level von den anderen Studenten zu kommen und das Studium zu schaffen. Es gibt aber Universitäten, wie zum Beispiel die Universität in Mainz, wo solche Studenten eine große Unterstützung erfahren, durch Vor- und Extrakurse zum Nachholen des Stoffes.
Medizinstudium mit fachbezogener Hochschulreife
Eine zweckmäßige und praktikable Alternative zum Abitur ist die Fachgebundene Hochschulreife (FgbHR). Dabei handelt es sich um einen Bildungsabschluss, der sowohl eine vertiefte Allgemeinbildung als auch eine fachrichtungsbezogene Bildung bescheinigt. Dieser Abschluss geht über die Mittlere Reife hinaus und kommt in vielerlei Hinsicht dem Abitur gleich: Denn er fungiert als Qualifikation zum Studium jeglicher Fächer und Fachrichtungen an Fachhochschulen sowie einiger Studiengänge an Universitäten. Auch ein Medizinstudium kann so ohne Abitur möglich werden.
Die „Fachgebundene Hochschulreife“ unterscheidet sich von der „Allgemeinen Hochschulreife“ (=Abitur) strukturell sowie inhaltlich. Während die Allgemeine Hochschulreife regulär im Anschluss an dreizehn Schuljahre an der Gymnasialen Oberstufe absolviert wird, kann die Fachgebundene Hochschulreife nur an speziellen Bildungseinrichtungen erworben werden (Berufsschulen, Oberschulen, Fachakademien, Fachgymnasien; Achtung: Hier gibt es bundeslandspezifische Unterschiede). Und während die Allgemeine Hochschulreife das Studium sämtlicher Fächer an allen Fakultäten legitimiert, berechtigt die Fachgebundene Hochschulreife lediglich zum Studium derjenigen Fächer, die auf dem Abschlusszeugnis aufgeführt sind. Dementsprechend umfasst die Prüfungsleistung der Fachgebundenen Hochschulreife auch weniger Inhalte: So fallen im Vergleich zur Allgemeinen Hochschulreife beispielsweise die Zweite Fremdsprache oder die Geistes-/Gesellschaftswissenschaft weg. Allerdings besteht die Möglichkeit, eine Fachgebundene Hochschulreife durch zusätzliche Prüfungen im Anschluss zu erweitern und in eine Allgemeine Hochschulreife umzuwandeln. Der Abschluss der Fachgebundenen Hochschulreife ist einheitlich und wird, so wie derjenige der Allgemeinen Hochschulreife, bundesweit anerkannt. Weitere Informationen dazu finden sich hier und hier.
Zum Erwerb der Fachgebundenen Hochschulreife gelten bestimmte Zulassungsvoraussetzungen: So ist mindestens die Mittlere Reife sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung oder aber einschlägige Berufstätigkeit erforderlich. Häufige Fachrichtungen, die mit einer Fachgebundenen Hochschulreife angeboten werden, sind Wirtschaft, Technik oder Sozialwesen. Das Studium der Medizin auf Basis einer Fachgebundenen Hochschulreife ist unter bestimmten Voraussetzungen und je nach Bundesland und Universität auch möglich: Zwingend erforderlich sind dazu (a) die Fachgebundene Hochschulreife und (b) eine berufliche Ausbildung bzw. Berufserfahrung im medizinischen Sektor (z.B. als Arzthelfer oder als Medizinische Fachangestellte). Dabei sollten sowohl der Realschulabschluss als auch die Berufsausbildung im Notendurchschnitt höchstens bei 2,5 liegen. Ferner sollte die Berufserfahrung auf mindestens drei Jahre datieren. Weitere Informationen dazu finden sich hier und hier.
Allerdings variiert die Bandbreite an möglichen Studiengängen mit einer Fachbezogenen Hochschulreife je nach Bundesland und Universität – insofern sollten Sie vorerst sorgsam prüfen, inwiefern Ihr Vorhaben an dem jeweiligen Wunschort durchführbar ist. Einige Bundesländer stellen detailliertere Informationen zum Landeshochschulgesetz oder Listen mit möglichen Studiengängen und Universitäten auf den Seiten ihres Kultusministeriums zur Verfügung (vgl. u.a. Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen).
Vorbehalt der Ärzte
Viele Ärzte sind kritisch der neuen Regelung gegenüber, und begründen damit, dass das nötige Wissen einfach fehlen würde und eine Ausbildung oder dreijährige Berufserfahrung das auch nicht ausgleicht. Es wird befürchtet, dass es dadurch zu Minderung der Qualität des Medizinstudiums kommt und es auch noch schwieriger wird mit den schon wenigen freien Plätzen in den Universitäten.
Doch die Studentenvertretung argumentiert dagegen: Vorkenntnisse seien zwar ein Vorteil, aber alle Studenten müssen in dem Medizinstudium sehr viel lernen und brauchen Fleiß und Motivation um alles zu schaffen. Dazu gibt es noch Studenten die zwar die allgemeine Hochschulreife erlangt haben, aber wegen der Note noch zwei, drei Jahren Wartezeit im Kauf nehmen müssen und diese verlieren auch ein Teil des Wissens aus der Abiturzeit.
Die Qualität des Studiums würde dadurch auch nicht gemindert werden, da Studenten mit, sowie auch ohne Abitur die Gleiche Leistungen erbringen müssen und es keine Sonderbehandlungen gibt.
Es gab auf jeden Fall schon positive Rückmeldungen solcher Studenten ohne Abitur. Zwar sagen viele, dass dieser Weg nicht nur immer leicht war, aber es sich gelohnt hat für die mit der Leidenschaft für Medizin. Im Jahre 2011 wurden in Deutschland bereits über 30.000 Studenten ohne Abitur an den Universitäten zugelassen.
Auch bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen, erkennen einige Universitäten im Ausland eine fachbezogene Hochschulreife nicht an. Schwer werden könnte es beispielsweise in Rumänien, sowie in Varna, oder Sofia.
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