Medizinstudium in Frankreich

Medizinstudium in Frankreich

Frankreich ist aufgrund seiner Landschaft, seiner Kultur, seiner Geschichte und nicht zuletzt seiner Kulinarik ein beliebtes Land. Die hohe Lebensqualität lockt an, und zwar nicht nur für ein paar Wochen zum Urlaub, sondern auch für ein paar Semester oder Jahre zum Studium. Immerhin reicht die französische Hochschulkultur teilweise bis ins 12. Jahrhundert zurück. Insbesondere Studieninteressierte der Medizin, die in Deutschland keinen Studienplatz erhalten, blicken häufig nach Frankreich. StudiMed vermittelt keine Studienplätze dorthin, wir bekommen allerdings oft Anfragen – daher beantworten wir im Folgenden die wichtigsten Fragen rund um das Medizinstudium in Frankreich. Da wir das Studium in Frankreich nicht anbieten, können wir hier nur oberflächlich informieren und keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit übernehmen. Gleichwohl wurde er nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und ist auf dem Stand von Juni 2022.

Wie funktioniert das französische Hochschulsystem?

Im französischen System werden insbesondere zwei Hochschultypen unterschieden: Die klassischen Universités, die nochmals in öffentliche und private Hochschulen unterteilt sind, verfügen über das fachlich breiteste Studienangebot und sind für die Forschung und Lehre zuständig. Der Unterricht an den elitären Grandes Écoles (speziell französische, renommierte und an bestimmten Fächern ausgerichtete Bildungseinrichtungen) ist dagegen eher berufsbezogen und meist auf eine Fachrichtung spezialisiert.

Das Unterrichtssystem umfasst zum einen Kurse zur Instruktion und Vertiefung, die cours magistraux (Vorlesungen) und travaux dirigés (Tutorien), sowie zum anderen den travaux pratiques (praktische Kurse und Laborarbeit).

Weitere Informationen zum Hochschulsystem und Studium allgemein in Frankreich finden sich bei Campus France, dem offiziellen Infobüro der Französischen Botschaft.

Wie ist das Medizinstudium in Frankreich aufgebaut?

Das französische Hochschulsystem zählt nicht in Semestern, sondern in Studienjahren (Années Universitaires). Dabei beginnt das akademische Jahr Anfang Oktober und dauert bis Mitte Mai an, danach folgt die Prüfungsphase.

Das Hochschulstudium ist ein sogenanntes LMD-System: Licence – Master – Doctorat. Da das System im Zuge des Bolognaprozesses umstrukturiert wurde, werden alle Studienleistungen in ECTS-Punkten gezählt.

Seit dem Studienjahr 2020/21 kann man das Medizinstudium in Frankreich nicht mehr, wie es zuvor der Fall war, auf direktem Wege beginnen. Stattdessen gibt es zwei Möglichkeiten, in das Medizinstudium aufgenommen zu werden – allerdings in beiden Fällen erst nach dem ersten Studienjahr der Gesundheitswissenschaften (Les Études de Santé):

  • „PASS“ (Parcours Spécifique Santé): Studiert werden alle medizinischen Fächer des ersten Studienjahres im Schwerpunkt, ergänzt durch ein zusätzliches Wahlfach aus einer anderen Disziplin (z.B. Jura oder Linguistik).
  • „L.AS“ (Licence Avec Option ‘Accès Santé’): Studiert wird im Schwerpunkt ein Bachelor eines beliebigen Fachbereiches, der kombiniert ist mit Lehrveranstaltungen des Wahlfaches Gesundheitswissenschaften.

Sobald das erste Studienjahr absolviert ist, haben sowohl PASS- als auch L.AS-Studierende zweimal die Möglichkeit, sich um einen Medizinstudienplatz zu bewerben, wofür eine Aufnahmeprüfung erforderlich ist. Bleibt die erste Bewerbung erfolglos, können sie sich nach dem zweiten Jahr erneut um einen Platz bewerben – scheitert auch dies, so muss der Studiengang gewechselt werden. Weitere Informationen dazu finden sich hier.

Das Medizinstudium in Frankreich ist in drei sogenannte Cycles strukturiert und dauert insgesamt 9-12 Jahre. Der 1. Cycle (2 Studienjahre) ist auf die Aufnahmeprüfung und den Erwerb sowie die Vertiefung von Grundkenntnissen in der Theorie ausgelegt (inbegriffen ist das erste Studienjahr im PASS- bzw. L.AS-Studiengang). Der 2. Cycle (4 Studienjahre) enthält eine dreijährige Famulatur (Externat), bestehend aus mehreren Praktika in verschiedenen Bereichen eines Krankenhauses, eine Zwischenprüfung und die Wahl einer Spezialisierung. Der 3. Cycle (3-6 Studienjahre) umfasst die Facharztausbildung (Internat) und damit die praktische Ausbildung in der gewählten Spezialisierung. Er findet Vollzeit im Krankenhaus statt. Weitere Informationen dazu finden sich hier, hier, hier und hier.

Spezialisierungsmöglichkeiten während des Studiums – und damit mögliche Bereiche der Facharztausbildung – sind: Allgemeinmedizin, Anatomie, Kardiologie, Chirurgie, Neurologie, Psychiatrie, Anästhesie, Pädiatrie, Gynäkologie, Arbeitsmedizin und Gesundheitswissenschaften. Im Allgemeinen nehmen Famulaturen und Praxiserfahrung im französischen Medizinstudium einen hohen Stellenwert ein. Ab dem dritten Studienjahr ist das Verhältnis von Theorie und Praxis relativ ausgeglichen.

Neben Humanmedizin (Médecine) kann man in Frankreich auch Zahnmedizin (Odontologie) und Tiermedizin (Médecine Vétérinaire) studieren:

Zahnmedizin in Frankreich studieren

Das Zahnmedizinstudium dauert 6-8 Jahre. Bezüglich des Aufnahmeverfahrens gelten die gleichen Regelungen wie im Humanmedizinstudium: Studieninteressierte beider Studiengänge studieren gemeinsam im ersten Jahr des PASS- oder L.AS-Systems bis zur Aufnahmeprüfung, bei der sie ebenfalls zwei Chancen haben. Ist die Aufnahmeprüfung bestanden, läuft das Studium in der Struktur der drei Cycles ab. Weitere Informationen zum Zahnmedizinstudium finden sich hier und hier.

Tiermedizin in Frankreich studieren

Das Tiermedizinstudium dauert 5-7 Jahre und hat ein sehr selektives Aufnahmeverfahren. Um Zugang zur Aufnahmeprüfung zu erhalten, muss zunächst ein zweijähriger Vorbereitungskurs (Prépa) in den naturwissenschaftlichen Fächern absolviert werden (alternativ kann ein naturwissenschaftlicher Bachelorabschluss den Kurs ersetzen). Bei bestandener Aufnahmeprüfung erhält man einen Studienplatz; der indirekte Studienbeginn im PASS-/L.AS-System entfällt in der Tiermedizin. Ab dem siebten Semester kann eine Spezialisierung gewählt werden. Weitere Informationen zum Tiermedizinstudium in Frankreich finden sich hier, hier, hier und hier.

Auf welcher Sprache wird das Medizinstudium in Frankreich unterrichtet?

In aller Regel findet sämtlicher Unterricht an Hochschulen in Frankreich auf Französisch statt. In Ausnahmefällen bieten Universitäten vereinzelt englischsprachige Kurse an – das gilt jedoch vor allem für Kurse außerhalb der Medizin. Prinzipiell ausschließlich auf Französisch kommuniziert wird in den Krankenhäusern, Kliniken und Praxen. Spätestens zur ersten Famulatur sind also profunde Französischkenntnisse unabdingbar.

Ausreichende Sprachkenntnisse des Französischen müssen bereits vor Studienantritt an der jeweiligen Universität nachgewiesen werden. Allgemein anerkannte Sprachdiplome sind z.B. das DELF/DALF, das TELC und das DFP/DFA. Sie prüfen die vier Kernkompetenzen Hörverstehen, Leseverstehen, Schreiben und Sprechen ab. Sprachkurse werden u.a. vom Institut Français oder direkt an den Hochschulen angeboten, man kann sie aber auch an jeder anderen zertifizierten Sprachschule absolvieren. Wichtig ist die einheitliche Prüfung, die zum Abschluss des Kurses abgelegt wird und die zum jeweiligen Sprachdiplom führt. Eine ausreichende Abiturnote im Leistungskurs Französisch reicht in der Regel zum Nachweis der Sprachkenntnisse aus und befreit von einem zusätzlichen Sprachdiplom. Weitere Informationen zu den Sprachkenntnissen finden sich hier.

Die Anforderungen an nachzuweisende Sprachkenntnisse sind je nach Hochschule und Studiengang unterschiedlich, man sollte sich also mit hinreichend Vorlaufzeit über die Sprachvoraussetzungen derjenigen Universität informieren, an der man sich zu bewerben gedenkt, und prüfen, inwiefern man dieselben erfüllt. Im Allgemeinen gilt jedoch, dass die sprachlichen Voraussetzungen einen ausreichenden Wortschatz an Fachbegriffen sowie eine unproblematische Kommunikationsfähigkeit, und damit die mühelose Teilnahme an den Lehrveranstaltungen ermöglichen sollten.

Wie sind die Zulassungsvoraussetzungen zum Medizinstudium in Frankreich?

Das Auswahlverfahren im französischen Hochschulsystem ist gänzlich anders organisiert als in Deutschland – in Frankreich gibt es keinen Numerus Clausus, und damit ist das Hochschulstudium prinzipiell jedem Abiturienten frei zugänglich. Es gibt zwei wesentliche Zulassungsvoraussetzungen an französischen Hochschulen: (1) das Baccalauréat (das französische Abitur, für welches die deutsche Allgemeine Hochschulreife als Äquivalent akzeptiert ist) und (2) ausreichende Sprachkenntnisse des Französischen (wobei die Anforderungen je nach Hochschule variieren).

Dennoch ist das Auswahlverfahren insbesondere in der Medizin anspruchsvoll und selektiv – denn die Zahl der Studienbewerber übersteigt die Zahl an verfügbaren Studienplätzen in erheblichem Maße. Für das erste Studienjahr der PASS- und L.AS-Studiengänge kann sich zwar zunächst jeder Studieninteressierte einschreiben, doch die sich anschließende harte Aufnahmeprüfung, an die die Zulassung zum zweiten Jahr gekoppelt ist, schafft im Durchschnitt nur ein Drittel der Bewerber, und das auch erst beim zweiten Versuch.

Jede Universität hat ihr eigenes Zulassungsverfahren. Meistens gibt es an den Universitäten Aufnahmeprüfungen, die entweder im Bewerbungsprozess oder aber nach dem ersten Studienjahr (d.h., wenn man bereits im PASS- oder L.AS-Studiengang eingeschrieben ist) stattfinden. Ferner legt jede Universität fest, wie viele Studienplätze für Medizin ab dem zweiten Studienjahr maximal vergeben werden.

Weitere Informationen zum Auswahlverfahren an französischen Universitäten finden sich hier.

Wie erfolgt die Bewerbung?

Da das Studium in Frankreich nur einmal im Jahr aufgenommen werden kann und die Einschreibung nur zum Studienjahresbeginn hin möglich ist, werden auch Bewerbungen nur jährlich entgegengenommen. Die Bewerbungsfristen variieren je nach Universität, liegen aber alle im Frühjahr (ca. Mitte Januar bis ca. Mitte März) für Herbst desselben Jahres. Die Zulassungs- und Ablehnungsbescheide der Universitäten werden im Frühsommer (ca. Mitte Mai bis ca. Ende Juli) verschickt.

Die Bewerbung erfolgt in der Regel nicht direkt bei den Universitäten, sondern wird zentral über das landesweite Online-Portal Parcoursup organisiert – wobei dennoch die Universitäten jeweils über die Zulassung entscheiden. Eingereicht werden müssen ein Bewerbungsformular und einige Unterlagen (z.B. übersetztes und beglaubigtes Abiturzeugnis, Sprachnachweis). Informationen rund um die Bewerbung über Parcoursup finden sich hier, hier und hier. Eine Ausnahme bilden die Pariser Universitäten: Hier erfolgt die Bewerbung nicht zentralisiert über Parcoursup, sondern direkt an den Hochschulen. Bewerben kann man sich an mehreren Universitäten zugleich – sowohl für denselben als auch für andere Studiengänge.

Erfolgt eine Zulassung an einer französischen Hochschule, so erhält man von dieser einen Zulassungsbescheid (Lettre de Confirmation) und das Einschreibeformular. Die Immatrikulation wird vor Ort vorgenommen, wo auch zugleich die Studiengebühren bezahlt werden. Im Anschluss erhält man die Immatrikulationsbescheinigung (Certificat de Scolarité) und den personalisierten Studentenausweis (Carte d‘étudiant).

 

Was kostet das Medizinstudium in Frankreich?

Studierende aus der EU zahlen Studiengebühren in gleicher Höhe wie französische Studierende.

Die Studiengebühren sind je nach Studiengang und Studienstatus unterschiedlich hoch. Auf Licence-Level betragen sie pro Jahr ca. 170 €, auf Master-Level pro Jahr ca. 250 € und für das Doctorat kann man jährlich ca. 380 € rechnen. Für den medizinischen Studiengang sind die Kosten an vielen Universitäten häufig höher. An privaten Hochschulen und den Grandes Écoles können die Studiengebühren bis zu 15.000 € jährlich betragen. Weitere Informationen zu Studiengebühren in Frankreich finden sich hier, hier und hier.

Prüfungsgebühren werden an vielen Universitäten separat erhoben. Darüber hinaus entstehen je nach Hochschule unterschiedlich hohe, jährlich anfallende Gebühren für die Immatrikulation, Bibliotheksnutzung und weitere Leistungen. Auch ein jährlicher Beitrag an das Studierendenwerk CROUS ist Pflicht für alle eingeschriebenen Studierenden. Zu diesen Kosten kommen ferner die Beiträge für die studentische Sozialversicherung (Sécurité Sociale d’un Étudiant) dazu, welche zwingend abgeschlossen werden muss, sofern nicht bei der Immatrikulation ein alternativer Versicherungsnachweis vorgelegt wird.

Die Lebenshaltungskosten in Frankreich sind etwas höher als in Deutschland und liegen im Durchschnitt bei monatlich ca. 1.000 €.

Wird das Studium in Deutschland anerkannt?

Durch die Angleichung im Rahmen des Bolognaprozesses ist die Anerkennung von Studienleistungen in Deutschland sowie europaweit unproblematisch. Wichtig ist nur, dass die große Aufnahmeprüfung nach dem ersten Studienjahr in Frankreich bestanden ist. Angerechnet werden können sowohl, im Falle eines Wechsels an eine deutsche Universität, einzelne ECTS-Punkte als auch ganze Licence / Master / Doctorat Abschlüsse. Es ist also möglich, das Studium in Deutschland (hier ist das Problem eher das, überhaupt an einen Studienplatz zu kommen) oder einem anderen europäischen Land fortzusetzen, oder aber mit einem französischen Abschluss europaweit als Arzt eine Stelle anzunehmen. Weitere Informationen rund um die Anerkennung finden sich hier.

Wo kann man in Frankreich Medizin studieren?

In Frankreich kann Humanmedizin an 54 Universitäten, Zahnmedizin an 16 Universitäten und Tiermedizin an 4 Universitäten studiert werden. Im Folgenden stellen wir die für die drei Studiengänge jeweils beliebtesten Universitäten vor.

Humanmedizin
·        Sorbonne Université

·        Aix Marseille Université

·        Université de Paris Cité

·        Université de Paris-Saclay

·        Université de Montpellier

·        Université Claude Bernard Lyon I

·        Université de Bordeaux

·        Université de Lorraine

Zahnmedizin
·        Aix Marseille Université

·        Université Claude Bernard Lyon I

·        Université de Lille

·        Université de Strasbourg

·        Nantes Université

·        Université Clermont Auvergne

 

Tiermedizin
·        L’École Nationale Vétérinaire d‘Alfort

·        L’École Nationale Vétérinaire de Lyon au sein de VetAgro-Sup

·        L’École Nationale Vétérinaire de Toulouse

·        L’École Nationale Vétérinaire de Nantes au sein d‘Oniris